von Marcus Venzke
Dieses Jahr reise ich für drei Wochen nach Polen. Mit Bahn und Bus will ich erst Richtung Danzig, weiter nach Osten und Süden und schließlich nach Krakau und Umgebung fahren - nach dem Lonely Planet eine Standardroute. Ich werde sicher viel Neues sehen, da ich außer in Prag noch nie im ehemaligen Ostblock war. Hier im Reisetagebuch werde ich darüber berichten.
Marcus Venzke
Samstag, 21.7.07 - Mit der Regionalbahn und einem Mecklemburg-Vorpommern-Ticket fahre ich von Hamburg nach Stettin. Eine Stunde habe ich Umsteigeaufenthalt in Bad Kleinen, direkt am Nordrand des großen Schweriner Sees, der vom Bahnhof aber leider schlecht zu erreichen ist. Stettin ist mit 410000 Einwohnern die siebtgrößte Stadt Polens, wichtige Hafenstadt und gerade mal 120km von Berlin entfernt. Da ich erst am späten Nachmittag ankomme, bleibt nur wenig Zeit für Sightseeing. Ich laufe in das schlichte, helle Schloss der Herzöge von Pommern, zum alten, gothischen Rathaus, durch alte Paradestraßen und ein Stück die Oder entlang.
Häuser beim alten Rathaus von Stettin
Sonntag, 22.7.07 - Weiter geht´s nach Danzig mit seiner beeindruckenden, schön renovierten historischen Innenstadt und viel maritimem Flair. Ich lasse es ruhig angehen und gehe erstmal ziellos durch die schönen Häuser. Dann laufe ich vorbei an der Danziger Werft, auf der Lech Walesa gearbeitet hatte, weiter zum Lidl, der hier auch Sonntags geöffnet hat.
Danzig am Abend
Montag, 23.7.07 - An meinem zweiten Tag in Danzig schaue ich mir die Stadt an. In der Innenstadt gibt es wirklich viele beeindruckende alte Häuser mit schönen Giebeln und einige Stadttore. Vom Turm der Marienkirche habe ich auch einen Blick von oben darauf geworfen. Ich bin dann den Fluss Motlawa hinauf aus der Stadt gelaufen und schließlich durch ein Wohnviertel. Dort werden die Unterschiede zu unseren Städten deutlich mit vielen große Häuserblöcken und kleinen Tante-Emma-, Gemüseläden und Schlachtereien.
Schild vor Rechtstädter Rathaus
Dienstag, 24.7.07 - Mit einem Zwischenstopp im Städtchen Olsztyn fahre ich in die Masurische Seenplatte nach Mikolajki. In Olsztyn habe ich 2 Stunden Zeit zum umsteigen. Es gibt ein Backsteinschloss (heute Museum), ein großes Stadttor und ein idyllisches Flüsschen, an dem man endlang laufen kann. Ein kleiner Zug bringt mich weiter in den Urlaubsort Mikolajki an einer Verengung eines lang gestreckten Sees. Hier dreht sich alles um Wassersport. Ich gehe trotz Schauerwetter auf einen Campingplatz mit Blick auf das Städtchen über den See und baue zum ersten Mal mein neues Zelt auf.
Mein Zelt auf dem Campingplatz
Mittwoch, 25.7.07 - Ich bleibe in Mikolajki und mache bei Schauerwetter eine Wanderung durch den Wald. Leider gibt es keinen Weg direkt am See. Nur gelegentlich habe ich einen schönen Blick auf einen der großen Seen mit Segelbooten oder einen kleinen, idyllisch Waldsee. Der Regen ist gerade so stark, dass man nicht durchregnet und gelegentlich zwischen den Schauern wieder trockner wird.
Jeezioro-Beldany-See
Donnerstag, 26.7.07 - Die Bahn bringt mich nach Bialystok. Die Stadt mit ihren 280000 Einwohnern ist nicht gerade ein Touristenmagnet. Aber gerade das macht sie als "normale Provinzstadt" auch interessant. Ich schaue mir die wenigen Sehenswürdigkeiten an: das sehr schöne Schloss Braniki mit Park, das weniger spektakuläre Rathaus mit Baustelle und - auf dem Weg zu Lidl - die moderne Heiligengeistkirche, Polens größte orthodoxe Kirche.
Straßenszene in Bialystok
Freitag, 27.7.07 - Nun geht es per Bus in den Ort Bialowieza mit seinem gleichnamigen Nationalpark. Er ist sehr touristisch und liegt ganz im Osten Polens, nur 4 Kilometer von der Weißrussischen Grenze entfernt. Ich sehe mir Ort und Schlosspark an und schaue ein wenig beim gerade stattfindenden Folk-Festival zu. Wieder übernachte ich auf dem Zeltplatz; leider gibt es einige z. T. sehr starke Gewitterschauer.
Folk-Festival in Bialowieza
Samstag, 28.7.07 - An meinem zweiten Tag in Bialowieza schaue ich mir Wiesente an und gehe in den Nationalpark. Wisente, die europäischen Bisions, lebten in der Region noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts. Durch Jagd und Wilderei sind sie zunächst ausgestorben, wurden aber ab 1929 wieder erfolgreich ausgewildert. So gibt es heute im Nationalpark und der Umgebung wieder ca. 300 Tiere. Am Vormittag habe ich mir einige Exemplare in einem Gehege in der Nähe des Ortes angeschaut.
Am Nachmittag habe ich an einer Führung in den streng geschützten Teil des Nationalparks teilgenommen. Hier kommt man nur mit offiziellem Führer hinein. Es ist der letzte noch erhaltene Tiefland-Urwald Europas. Mit 105km² ist es Polens ältester Nationalpark sowie Weltnaturerbe und Biospärenreservat der UNESCO. Auf weißrussischer Seite wird er um noch größere Flächen ergänzt.
Wisent im Gehege
Sonntag, 29.7.07 - Ich fahre nach Warschau und sehe mir die Stadt im Schnelldurchgang an. Für die Fahrt mit einem Bus und zwei Bummelzügen brauche ich fast den ganzen Tag. Danach habe ich nur noch 3 Stunden Zeit für einen Stadtrundgang. Polens Hauptstadt hat mehr schöne Ecken, als ich erwartet hätte. Vor allem die Altstadt mit ihrem Schloss, dem Marktplatz und der Stadtmauer ist schön renoviert und sehr sehenswert.
Altstädter Marktplatz in Warschau
Montag, 30.7.07 - Am Vormittag schaue ich mir nochmal zwei Stunden Warschau an und fahre nachmittags nach Krakau weiter. In Warschau laufe ich den Fluss Weichsel entlang zur Altstadt und nehme mir etwas mehr Zeit kleinere, interessante Gassen zu erkunden. Dann fahre ich mit dem Zug nach Krakau - mit einem IC, der viel scheller fährt als die Züge in den letzten Tagen. Nach einem Grillabend im Hostel laufe ich im Dunkeln durch die Krakauer Altstadt, um einen ersten Eindruck der Stadt zu bekommen.
Tuchhallen in Krakauer Altstadt
Dienstag, 31.7.07 - Ich bleibe in Krakau und schaue mir die Stadt an. Anders als die meisten großen polnischen Städte, wurde Krakau im zweiten Weltkrieg nicht zerstört. Daher gibt es sehr viel alte, schöne Bausubstanz, vor allem in der Altstadt. Diese habe ich mir angeschaut, ebenso wie die benachbarte Festung Wawel mit Schloss und Kathedrale und das jüdische Viertel Kazimierz mit seinen fünf Synagogen.
Häuser im jüdischen Viertel in Autoscheibe
Mittwoch, 1.8.07 - Weiter geht´s per Bus in den Bergort Zakopane südlich von Krakau. Der Ort ist Polens bekanntes Ski- und Bergwandergebiet am Fuße des Gebirges Tatra, das allerdings zum größte Teil jenseits der Grenze in der Slowakei liegt. Am Nachmittag schaue ich mir den Ort an. Es ist unglaublich wie viel hier los ist. Die Fussgängerzone und die kleinen Märkte wimmeln nur so von meist polnischen Touristen. Abends mache ich noch eine kurze Wanderung in die bewaldete Berglandschaft.
Fussgängerzone von Zakopane
Donnerstag, 2.8.07 - Ich laufe den ersten Teil meiner zweitägigen Wanderung im Nationalpark des Tatra-Gebirges mit Hüttenübernachtung. Vom Hostel auf 900 Metern Höhe geht es zunächst ein Stück die Straße entlang und dann in den Nationalpark. Dort führt der Weg erst durch Nadelwald, bald wird die Landschaft aber immer alpiner. Mein erstes Ziel ist der Gipfel Kasprowy Wierch (1987m) wo ich Pause mache. Ein sehr zahmer Fuchs sucht hier bei den vielen Menschen Nahrung und posiert für Fotos. Vom Gipfel laufe ich ein Stück einen Höhenweg direkt auf der Grenze zur Slowakai bis auf eine Höhe von 2100 Metern und steige dann vorbei an Bergseen zu Berghütte Murowaniec (1500m) ab. Diese hatte ich mir kleiner und romantischer vorgestellt. Sie hat 160 Betten und im Erdgeschoss ein großes Selbstbedienungsrestaurant. Als ich ankomme wimmelt es von Wanderern, die hier Rast machem.
Bergseen an meinem Weg
Freitag, 3.8.07 - Der zweite Teil meiner zweitägigen Wanderung führt über den Gipfel Skrainy Grannt und einen schwierigen Höhenweg. Von der Hütte verläuft ein leichter Weg zum Bergsee Czarny Staw Gasienicowy, der schön von Bergen umrandet ist. Dort führt der Weg steil 600 Höhenmeter zum Skrainy Grannt (2225m) hinauf, wo man für die Mühe mit einem schönen Ausblick belohnt wird. Der dann folgende Höhenweg ist viel schwieriger als ich erwartet hatte. Statt zu wandern muss ich ständig die Hände zur Hilfe nehmen und klettern. Der Weg ist häufig mit Ketten gesichert, z. T. auch mit Stufen und einer Leiter. Nach zwei Stunden Kletterei erreiche ich wieder einen Wanderweg und steige einige Stunden ins Tal nach Zakopane ab.
Ich am Ende des Höhenweges
Samstag, 4.8.07 - Nach der anstrengenden Tour am Vortag lasse ich es ruhig angehen und mache am Nachmittag eine kurze Wanderung in den Nationalpark. Morgens schlafe ich lange aus und lasse mir Zeit beim Frühstücken und Tagebuch schreiben. Dann laufe ich noch mal in den Ort und danach im Nationalpark in das Tal Dolina Strazyska mit seinen interessanten Felsformationen und einem Wasserfall. Leider beginnt es zu Regen; den ersten Schauer verbringe ich bei einer Tasse Tee in einer kleinen, romantischen Berghütte am oberen Ende des Tals. Danach laufe ich weiter durch die bewaldete Berglandschaft und zurück zum Hostel.
Nebel in den Bergen
Sonntag, 5.8.07 - Per Bus geht´s zurück nach Krakau, wo ich das 15 Kilometer entfernte Salzbergwerk Wieliczka besichtige. Das Bergwerk ist eine große Attraktion und steht auf der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO. Es wird seit über 700 Jahren betrieben; Salz aus natürlichen Solequellen wurde hier schon über 5000 Jahre gewonnen. Bei der zweistündigen Führung werden die Abbaumethoden zu unterschiedlichen Zeiten erläutert. Attraktion sind aber die vielen aus Salzgestein gehauenen Figuren. Insbesondere beeindruckt die Kapelle der seligen Kinga, nicht nur durch ihre Größe (54 Meter lang, 17 Meter breit, 12 Meter hoch), sondern durch die mit vielen Details aus Salz gestalteten Altare, Halbplastiken und Figuren.
Salzabbau unter Tage mit Pferden
Montag, 6.8.07 - Als Tagesausflug von Krakau besichtige ich die Konzentrationslager Auschwitz und Birkenau. Beide liegen nur wenige Kilometer auseinander, so dass sich geführte Touren über beide Lager erstrecken. Auch wenn man alle Fakten schon oft gehört hat, betrifft es einen schon sehr, alles noch einmal geballt anhand von Gebäuden, originalen Gegenständen und Fotos erklärt zu bekommen. So werden z. B. gewaltige Mengen von Haaren gezeigt, die Toten für die industrielle Verwertung abgeschnitten wurden. Auch werden die unmenschlichen Lebensumstände deutlich, mit denen man die Insassen gezielt bei harter Arbeit verhungern ließ. Nach der mehrstündigen Tour ist es schwer einen Platz in einem Linienbus nach Krakau zu bekommen. Zu viele Besucher drängen in die gut stündlich fahrenden Busse, so dass ich erst im zweiten Bus mitkomme.
Zaun im KZ Auschwitz
Dientag, 7.8.07 - Ich nehme den Zug nach Breslau und laufe ein wenig durch die Innenstadt. Da ich erst mittags losfahre und die Fahrt über vier Stunden dauert, bleibt an dem Tag für Breslau nicht mehr viel Zeit. Ich laufe in die schön renovierte Altstadt. Ihr Zentrum ist der große, alte Marktplatz Rynek, auf dem das Rathaus aus dem 14. und 15. Jahrhundert steht und wo tagsüber wie abends viel los ist.
Kathedrale von Breslau
Mittwoch, 8.8.07 - An meinem zweiten Tag in Breslau schaue ich mir die Innenstadt genauer an und laufe den Fluss Oder ein Stück hinauf. Ich beginne wieder mit der Altstadt. Danach geht´s zur Dominsel auf einer Gabelung der Oder. Hier wurde einst die Stadt gegründet, bevor Ihr Zentrum an die heutige Stelle links der Oder verlegt wurde. Geblieben sind viele alte Kirchen. Ich laufe weiter die Oder hinauf aus der Stadt ins Grüne und zurück durch Wohnviertel. Abends kaufe ich noch von zu viel gewechselten Zlotties ein Paar Schuhe.
Kunst in Breslau
Donnerstag, 9.8.07 - Es geht zurück nach Deutschland - mit einem kurzen Aufenthalt in Görlitz fahre ich nach Königstein im Elbsandsteingebirge. Unterwegs bin ich von 10 Uhr morgens bis 7 Uhr abends. Durch Zugverspätungen und einen Busersatzverkehr in Polen, verpasse ich den deutschen Anschlusszug. Ich fahre bis Zgorzelec, den östlichen Teil von Görlitz auf polnischer Seite, und laufe zu Fuss über den Fluss Neiße nach Deutschland. Dort schaue ich mir kurz die sehr schön renovierte Altstadt von Görlitz an und fahre über Dresden nach Königstein weiter.
Häuser in Görlitzer Altstadt
Freitag, 10.8.07 - An meinem letzten Urlaubstag mache ich eine Wanderung im Nationalpark Sächsische Schweiz. Vom Hostel direkt an der Elbe laufe ich flussabwärts in den Kurort Rathen und weiter zur benachbarten Felsenburg Neurathen. Viel ist von der mittelalterlichen Ruine auf dem Felsen Bastei nicht übrig. Trotzdem beeindruckt sie durch ihre Lage auf bizarren, steilen Felsformationen hoch über der Elbe. Von dort führt mein Weg durch Wald, über den Gipfel Hockstein, die schmale, steile Wolfschlucht und den Schindergraben zur Burg Hohnstein beim gleichnamigem Ort. Zurück geht es durch das Polenztal mit seinen schönen, bizarren Felsformationen und wieder entlang der Elbe zum Hostel.
Felsformationen bei der Felsenburg Neurathen
Samstag, 11.8.07 - Rückreistag. Vom Hostel laufe ich die drei Kilometer zur Fähre über die Elbe und zum Bahnhof von Königstein. Von dort geht es zügig per Bahn nach Dresden und weiter per IC nach Hamburg.