Frankreich 2008 - Reisetagebuch

von Marcus Venzke

Nach einigen Jahren fahre ich mal wieder mit einem Interrail-Ticket nach Frankreich - für 2 1/2 Wochen. Das war auch das Ziel meiner ersten Interrailreisen vor 18 Jahren. Nur waren damals die Flüge nicht so billig, so dass viele Backpacker mit der Bahn herumgereist sind und ich war deutlich jünger. Außerdem habe ich dieses Jahr den Plan mich auf den Süd-Osten des Landes zu beschränken. Aber wer weiß, da Interrail-Tickets seit diesem Jahr wieder in ganz Europa gültig sind, lande ich vielleicht auch ganz woanders. Ich bin jedenfalls gespannt, was mich erwartet. Hier im Reisetagebuch werde ich berichten.

Marcus Venzke

Marcus Venzke

Sonntag, 27.7.08 - Der erste Tag bringt mich mit dem Nachtzug nach Paris und weiter ins Zentralmassiv ins Dorf Le Mont-Dore. In Paris habe ich drei Stunden Zeit, bis mein Anschlusszug an einem anderen Pariser Bahnhof weiterfährt. Ich nutze sie für einen Spaziergang zum Louvre und am Fluss Seine entlang. Zum Zug nach Le Mont-Dore muss ich in Clermont-Ferrand umsteigen. Er fährt durch die Berge in schöner Landschaft bis auf die 1000 Meter Höhe von Le Mont-Dore, das malerisch in einem Tal liegt. Als ich ankomme ist es bereits Abend und ich schlage nur noch mein Zelt auf und koche mir etwas zu Essen.

Mein Zelt in Le Mont-Dore

Mein Zelt in Le Mont-Dore

Montag, 28.7.08 - Ich laufe durch Le Mont-Dore und besteige den erloschenen Vulkan Puy de Sancy. Der Kurort lebt von den Touristen, die im Sommer zum Wandern und im Winter zum Skilaufen kommen. Ich gehe die vier Kilometer bis zum Einstieg des Puy de Sancy von dem auch zwei Seilbahnen auf dem Berg fahren. Der Weg nach oben ist gut begehbar. Auf dem in 1886 Meter hohen Gipfel gibt es eine hölzerne Plattform, die mit Menschen brechend voll war. Da es der höchste Berg des Zentralmassivs ist, hat man einen sehr guten Rundumblick auf die z. T. geradezu flache Umgebung. Zurück führte mein Weg über einen Grat, von dem ich häufig einen schönen Ausblick auf den Ort hatte.

Gipfel des Puy de Sancy

Gipfel des Puy de Sancy

Dienstag, 29.7.08 - Per Zug und Bus geht es weiter nach Le Puy-en-Velay im Südosten des Zentralmassivs. Die Altstadt wurde direkt auf einem erloschenen Vulkankegel erbaut. Auf der Spitze steht eine 16 Meter hohe Madonnenstatue, unterhalb eine imposante Kathedrale mit Kloster, darunter die Häuser der Altstadt. Gleich daneben gibt es einen zweiten, sehr spitzen, steilen Vulkankegel auf dem sehr beeindruckend eine Kirche Platz gefunden hat. Der Vulkankegel überragt den Campingplatz auf dem ich mein Zelt aufgeschlagen habe. Den Nachmittag und Abend habe ich genutzt, um die Altstadt mit ihren vielen schmalen, z. T. steilen Gässchen mit altem Kopfsteinpflaster zu erkunden.

Le Puy-en-Velay

Le Puy-en-Velay

Mittwoch, 30.7.08 - Ich fahre nach Annecy am Fuße der französischen Alpen und am gleichnamigen See. Die Stadt hat eine stimmungsvolle Altstadt mit schönen Gassen und Kanälen mit kristallklarem Wasser. Gleich benachbart liegt auf einem Hügel eine alte Burg, die heute als Museum dient. Besonders schön ist der See Lac d'Annecy - eingerahmt von den ersten Bergen der französischen Alpen. Ich schlendere nachmittags durch die Altstadt und esse abends am See, bevor ich daran noch einen langen Spaziergang unternehme.

Altstadt und Burg von Annecy

Altstadt und Burg von Annecy

Donnerstag, 31.7.08 - Weiter geht's in den Gebirgsort Chamonix gleich unterhalb des Mont Blancs. Es ist vor allem ein bekannter Wintersportort mit der entsprechenden Atmosphäre. Im Sommer gibt es viele Möglichkeiten für Bergwanderungen. Entsprechend ist der Ort mit Touristen prall gefüllt. Nachdem ich bisher immer gezeltet hatte, gehe ich hier in ein Hostel. Das Zimmer hat einen grandiosen Ausblick auf die Berge und einen Gletscher. Ich schaue mir nachmittags den Ort an und laufe ein Stück am Hang durch den Wald.

Ausblick aus Hostelfenster in Chamonix

Ausblick aus Hostelfenster in Chamonix

Freitag, 1.8.08 - Ich wandere von Chamonix durch die Berge und zum Gletscher Mer de Glace. Vom Ort in 1000 Metern Höhe geht der Wanderweg z. T. in Serpentinen steil den Berg hinauf. Oben folge ich dem Grand Balcon Nord auf etwa konstanter Höhe von 2100 Metern mit schönem Ausblick in das Tal und auf Chamonix. Nach einem weiteren Aufstieg von 100 Höhenmetern habe ich plötzlich einen grandiosen Ausblick auf den Gletscher. Der Mer de Glace ist mit 14km Länge der zweitgrößte Gletscher der Alpen. Ich steige ab zur sehr touristischen Station der Zahnradbahn, die von Chamonix zum Gletscher führt. Von dort laufe ich einen Pfad direkt zum Gletscher hinab, wo jedes Jahr für die Touristen eine Höhle in das Eis geschlagen wird. Drinnen gibt es vom Eis blau gefärbtes Licht und aus dem Eis gehauene Skulpturen. Auf dem Rückweg am Gletscher entlang und durch den Wald gab es einige Regenschauer.

In Eishöhle im Mer de Glace

In Eishöhle im Mer de Glace

Samstag, 2.8.08 - Ich mache einen Abstecher in die nahe liegende Schweiz und fahre ins Bergdorf Bettmeralp. Der Ort liegt auf 2000 Metern Höhe im Gebiet des UNESCO Weltnaturerbes Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn. Es fahren keine Autos, man erreicht den Ort per Seilbahn. Er ist sehr touristisch. Trotzdem hat er den Charme des Bergdorfes mit seinen vielen kleineren Holzhäusern bewahren können. Vor 25 Jahren war ich schon mal mit einer Jugendgruppe da, wiedererkennen tue ich aber nichts mehr. Mein Abendessen koche ich auf einem Rastplatz mit Feuerstelle am See gleich oberhalb des Ortes. So esse ich mit phantastischem Ausblick am Lagerfeuer beim Rauschen des benachbarten Bergbachs.

Bettmeralp mit Berg Bettmerhorn

Bettmeralp mit Berg Bettmerhorn

Sonntag, 3.8.08 - Von der Bettmeralp unternehme ich eine Wanderung über die Gipfel Bettmerhorn (2872m) und Eggishorn (2926m). Das Bettmerhorn thront als Hausberg 900 Meter über der Bettmeralp. Darüber läuft ein z. T. halsbrecherischer Höhenweg und weiter über einen Grat zum Eggishorn. Von dort - aber auch schon vorher am Weg - hat man einen tollen Ausblick auf den großen Aletschgletscher. Er ist mit 23,6km Länge der größte Gletscher der Alpen und Zentrum des UNESCO Weltnaturerbes Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn. Vom Eggishorn steige ich zur Fiescheralm ab und laufe über eine Querverbindung zurück zur Bettmeralp.

Aletschgletscher

Aletschgletscher

Montag, 4.8.08 - Ich fahre weiter nach Genf. Die Schweizer Stadt ist an drei Seiten von Frankreich umgeben. Sie liegt schön am gleichnamigen See mit Blick auf die französischen Alpen im Süden und auf das flachere Juragebirge im Norden. Es gibt eine kleine Altstadt in der der Philosoph Jean-Jacques Rousseau geboren ist und der Theologe Johannes Calvin seine religiösen Theorien entwickelt hat. Bekannter ist Genf natürlich für die vielen internationalen Organisationen, die hier ihren Sitz haben. Das Internationale Rotes Kreuz, die Vereinten Nationen, UNESCO, WIPO, WTO, IAO, ... haben alle ihre Gebäude nördlich der Altstadt umgeben von Parks.

Eingang zum Gebäude der Vereinten Nationen

Eingang zum Gebäude der Vereinten Nationen

Dienstag, 5.8.08 - Die Bahn bringt mich zurück nach Frankreich in die Provence nach Avignon. Bekannt ist die Stadt für die Brücke Pont St-Bénézet ("Sur le pont d'Avignon, ..."). Diese wurde schon im 12. Jahrhundert gebaut und überspannte den Fluss Rhône mit 22 Bögen. Heute sind allerdings nur noch vier davon übrig. Beeindruckender sind die fast vollständig erhaltene Stadtmauer und der Papstpalast. Der befestigte Palast aus hellen Steinquadern wurde im 14. Jahrhundert gebaut als Avignon der Sitz mehrerer Päpste war.

Avignon mit Papstpalast und Stadtmauer

Avignon mit Papstpalast und Stadtmauer

Mittwoch, 6.8.08 - Nach einem weiteren, kurzen Rundgang durch Avignon fahre ich mittags weiter nach Nizza, ganz im Südosten von Frankreich an der Côte d'Azur. Erst am frühen Abend komme ich an. Ich fahre zum Hostel, das außerhalb der Innenstadt liegt, und verbringe den Abend dort und mit einem Spaziergang in dessen Umgebung.

Palmen in Nizza

Palmen in Nizza

Donnerstag, 7.8.08 - Von Nizza mache ich einen Ausflug in das benachbarte Monaco. Die Züge nach Italien halten direkt in dessen Bahnhof. Wirklich beeindruckend ist, wie viele Hochhäuser man in die Hänge der Berge bauen kann, um die 32000 Einwohner des mit 2km² zweitkleinsten Staates der Welt unterzubringen. Dazu wurden auch Tunnel und Fahrstühle in den Felsen gebaut. Z. B. ist der Bahnhof vollständig unterirdisch und kann durch lange Tunnel von verschiedenen Punkten der Stadt betreten werden. Schön ist Monaco auf dem Felsen des Prinzenpalastes. Hier gibt es auch eine kleine Altstadt aus wenigen Gassen deren Häuser in hellen Pastelltönen gestrichen sind. Unten in den beiden Häfen liegen dank der reichen Einwohner viele, z. T. sehr große Jachten. Auf meinem Rückweg nach Nizza bin ich eine Station vor der Stadt im schönen Ort Villefranche-sur-Mer ausgestiegen und zu Fuss durch dessen Gassen vorbei an einer Festung und über die Straße oberhalb vom Meer nach Nizza zurückgelaufen.

Jachten und Hochhäuser in Monaco

Jachten und Hochhäuser in Monaco

Freitag, 8.8.08 - An meinem zweiten Tag in Nizza schaue ich mir die Stadt an. Vom Hostel laufe ich ins Zentrum zum Einkaufsviertel. Gleich dahinter liegt die Altstadt deren Markt und Gewirr von mediterranen Gassen viele Touristen zum Schlendern animiert. Überragt wird sie vom Hügel des ruhigeren Schlossparks der rundum schöne Ausblicke auf die Stadt ermöglicht: auf die Dächer der Altstadt, das Meer, den Hafen und sich die Hügel hochziehende Vororte. Ich laufe noch ein Stück auf der fünf Kilometer langen Promenade, die sich die Bucht entlang zieht. Daneben ist der Kieselstrand bei heute kräftiger Brandung mit Badegästen gefüllt.

Über den Dächern von Nizzas Altstadt

Über den Dächern von Nizzas Altstadt

Samstag, 9.8.08 - Ich mache mich langsam auf den Weg Richtung Heimat, um noch ein paar Tage in Belgien und den Niederlanden verbringen zu können und fahre bis zur Stadt Amiens in Nordfrankreich. Leider sind an diesem Tag alle Hochgeschwindigkeitszüge (TGVs) aus Paris nach Norden ausgebucht. Daher fahre ich per TGV nur bis Paris und mit einem viel langsameren Regionalzug bis Amiens, eine Stunde hinter Paris.

Amiens ist keine sehr touristische Stadt. Bemerkenswert ist aber die Kathedrale Notre Dame, die mit 145 Metern Länge die größte Kirche Frankreichs ist. Sie war einst Vorbild für den Kölner Dom und steht heute auf der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO. Schön ist die Stadt nordöstlich der Kathedrale, wo neben dem Fluss Somme einige Mühlbäche und die Entwässerungsgräben des ehemaligen Sumpfgebietes das Stadtbild auflockern. Wichtiger Einwohner war Jules Verne, der hier die meisten seiner Romane schrieb.

Kathedrale Notre Dame in Amiens

Kathedrale Notre Dame in Amiens

Sonntag, 10.8.08 - Weiter geht's nach Belgien, wo ich mir die mittelalterliche Stadt Brügge ansehe und einen kurzen Ausflug ans Meer nach Ostende mache. Mein Reiseführer von Lonely Planet nennt Brügge eine "perfekte Touristenattraktion" und eine von Europas besterhaltenen mittelalterlichen Städten. Die gesamte Innenstadt steht auf der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO. Überall stehen alte, schön renovierte Häuser. Entsprechend gemütlich und interessant aber auch touristisch ist die Atmosphäre. Touristen laufen durch die Straßen, werden in Kutschen durch die Gegend oder in Booten über die Kanäle gefahren. Ich schlendere am Nachmittag und Abend durch Straßen, Gassen und über Plätze. Dazwischen fahre ich ins nur 13 Bahnminuten entfernte Ostende um etwas am Meer spazieren zu gehen.

Brügge am Abend

Brügge am Abend

Montag, 11.8.08 - Die Bahn bringt mich nach Utrecht, knapp südlich von Amsterdam, zentral in Holland gelegen und damit guter Ausgangspunkt für Touren. Die Stadt hat eine angenehme Atmosphäre und schöne Ecken. Wieder lockern Kanäle das Stadtbild auf. Für die neuen Studenten der Universität ist gerade eine Einführungswoche, so dass viele Studenten auf den Straßen sind und einige Openair-Partys mit lauter Musik stattfinden. Ich komme aber hauptsächlich wegen dem Hostel B&B Utrecht City Center in die Stadt, wo ich vor fünf Jahren schon einmal war. Zwar ist das Hostel nicht das sauberste, es besticht aber durch seinen Aufenthaltsraum und die Stimmung. Auf der einen Seite stehen viele Internetcomputer: Mac, Windows und Linux. Auf der anderen gibt es verschiedene Musikinstrumente auf denen man spielen darf, z. B. ein Flügel, diverse Gitarren und Bässe und ein vollständiges Schlagzeug. Seitlich geht die Küche ab, die vom Betreiber für die Gäste mit Lebensmitteln gefüllt wird. Am Nachmittag und Abend verbringe ich daher einige Zeit im Hostel.

Aufenthaltsraum im Hostel in Utrecht

Aufenthaltsraum im Hostel in Utrecht

Dienstag, 12.8.08 - Von Utrecht mache ich einen Tagesausflug nach Amsterdam, das nur eine halbe Bahnstunde entfernten ist. Ich laufe durch die Innenstadt zu den gängigen Touristenattraktionen, meist an Grachten entlang. Grachten sind die für Amsterdam charakteristischen, allgegenwärtigen Kanäle, die in konzentrischen Kreisen um die Altstadt laufen. Zum Teil wohnen auf ihnen Menschen in Hausbooten. Außer zum Hauptplatz Dam und einigen Kirchen gehe ich zum Blumenmarkt, auf dem es statt bunten Blumen aber vor allem Blumenzwiebeln, Kakteen und Canabis-Pflanzsets gibt. Auch gehe ich durch das Kneipen-Viertel Leidsplein und das bekannte, touristische Sex-Viertel, in dem fast unbekleidete Prostituierte in Fenstern auf ihre Kunden warten.

Magere Brug in Amsterdam

Magere Brug in Amsterdam

Mittwoch, 13.8.08 - Zum Abschluss meiner Reise fahre ich mit der Bahn zurück nach Hamburg. Ich fahre über Groningen, Leer (Ostfriesland), Bremen. Das ist die Route mit der kürzesten Strecke durch Deutschland, die man als Deutscher trotz Interrailticket bezahlen muss. Obwohl ich z. T. nur kurze Umsteigezeiten habe, erreiche ich alle Anschlüsse und bin nachmittags zu Hause.

Independent Hostels in Deutschland:
www.hostel-list.de